Samstag, 16. Februar 2013

DER UR-WURM IN UNS

DER UR-WURM IN UNS

Die Brutstelle aller Würmer hatte zuerst nur eine dünne Schale um sich herum. Ein Sonnenfunke ließ sie als kleine, lahme Blitze entstehen - und der Zufall stand Pate. Diese Brut schwebte dann als photon-biologisches Raumschiff planlos um Mutter Sonne herum und hätte jeden Augenblick von irgendwas getroffen werden können. Angst um sich selbst kam in dieser lichternen Ur-Spezies auf - das Selbsterhaltungsgefühl ward geboren.
 

Sie rieben sich aneinander und zähmten sich gegenseitig. Das Zucken wandelte in sanftes Schlängeln. Eine Schuppenhaut entstand um sie herum - und aus den abgefallenen Schuppen spross weiteres Leben, sobald Sonnenphotonen drauf knallten.  Und siehe, sie konnten diesen neuen Wesen Formen durch Gedanken verleihen.
  
So schufen sie sich, im Laufe der Zeit, ein ganzes Spektrum von sonnenaufgetankten Lebewesen um sich herum. Sie nisteten sich in diese Wesen ein und ließen ihnen Wurzeln, Beine, Arme und Flügel wachsen, damit sie sich optimaler hin zur Nahrung bewegten. Und sie befahlen: Fressen! Fressen! Fressen! Alles auffressen was aus Sonnenstrahlen wuchs.

Als aber diese Lebewesen irgendwann streikten, sich gegenseitig aufzufressen, gaben ihnen die darmgewordenen Würmer zwei Empfindungen: Hunger und Liebe. So entstanden die ersten beiden süchtig machenden Laster: Sätte und Befriedigung. Ab da hatte das Dasein der Wesen endlich ein lebenswertes Ziel: Eine Familie zu gründen und für deren Wohlergehen, andere Lebewesen zu töten.

Die oberste Devise lautete: Fressen oder gefressen werden. Aufessen was die Sonnenenergie gedeihen ließ, auf dass die darmgewordenen Ur-Würmer diese gesandte Energie umwandeln und zu Erde werdendem Material exkrementieren könnten, damit neues Leben daraus wachse - und vor allem, dass das Schutzschild um die Innere Welt dicker und fester werde.
 

Aus dem einstigen, winzigen Nest der lichternen Ur-Würmer, und vor allem aus dessen einst so dünner Schale, entstand im Laufe der Jahrmilliarden ein riesiger Planet mit einer überwältigenden Vielfalt von Lebewesen. Das Fressen entfachte nun auch den Gourmet im Darm: einen Gott aus Sehnsüchten und Vorstellungen. Und der variierte, per Gedankengebung, immer einfallsreicher, die Fauna und Flora auf seinem 'Planeten'. Je nachdem welche Arten die Därme verdauten und auskackten, bildeten sich die verschiedensten Mineralien, Metalle und sonstigen Materien.

Und siehe, es war gut so, denn nun war die Brutstelle allen Lebens sicher geschützt durch einem mächtigen Erdmantel. Und es lässt sich auch heute noch hervorragend leben in diesem Himmel inmitten des Planeten - dort, wohin alle lichternen Darmseelen immer wieder zurück kehren, nach vollbrachter Schicht an Tage.
J.A.